Im Oktober dieses Jahres hatte ich das große Glück noch am letzten Kurs von Dr. John Lyftogt in Side, Antalya, teilzunehmen.
Der Neuseeländer gilt als der Erfinder der Perineuralen Injektionstherapie (PIT). Seit 2006 hat Dr. Lyftogt in fast allen Ländern dieser Welt die Technik der PIT gelehrt und mit dieser Methode einen bemerkenswerten Beitrag zur modernen Schmerztherapie geleistet.
Nach 17 Jahren geht er nun in den wohlverdienten Ruhestand. Mittlerweile schreibt er an seinem Lehrbuch.
Weltweit setzen rund 3000 Therapeuten diese Methode erfolgreich ein, deren Wirksamkeit durch zahlreiche Studien belegt ist:
Grundlagen und Wirkprinzip der Perineuralen Injektionstherapie (PIT)
Bei der PIT wird ausschließlich eine Glucose-Lösung verwendet, welche direkt an periphere Nerven injiziert wird. Die Anwendung dieser speziellen Injektionstechnik erfolgt mit einer besonders feinen und kurzen Nadel und erfordert detaillierte Kenntnisse über den Verlauf der Nerven im Gewebe.
Häufig sind Nerven aufgrund von Kompression durch Faszien oder Muskeln in ihrer Funktion eingeschränkt. Es kommt zu einer Unterversorgung des Nervs. Als Reaktion darauf sendet der Nerv Schmerzsignale an das Gehirn.
Interessanterweise benötigen diese Nervenzellen im Gegensatz zu Muskelzellen kein Insulin, um Glucose aufzunehmen. Sie können Glucose direkt in ATP (Adenosintriphosphat), das Energiemolekül unseres Körpers, umwandeln. Nach der Behandlung mit der Glucose-Lösung kann der Nerv wieder ausreichend Energie generieren und stellt infolgedessen die Aussendung von Schmerzsignalen ein. Dieser Prozess dauert nur wenige Sekunden. Dabei entspannt sich das umliegende Gewebe. Glucose fördert außerdem die Heilung des betroffenen Gebietes. Durch den sich zwischen dem Nerv und dem faszialen Gewebe bildenden Schutzfilm wird der Nerv zusätzlich entlastet, man spricht hierbei auch von Hydrodissektion.
Vorteile und Anwendungsgebiete der PIT
Die Methode kommt ohne Cortison, Lokalanästhetika oder traditionelle Schmerzmittel aus, was sie zu einer sanften und gut verträglichen Behandlungsoption macht. Die PIT hat sich bei einer Vielzahl von Schmerzzuständen als wirksam erwiesen:
- Migräne und andere Kopfschmerzen
- Nackenschmerzen
- Tinnitus und Schwindel
- Schulterschmerzen, einschließlich „Frozen Shoulder“
- Tennisarm und Golferarm
- Schnappfinger
- Rückenschmerzen
- Karpaltunnel-Syndrom
- Schmerzen im Lendenwirbel- und Beckenbereich
- Knieschmerzen und Arthrose
- Fersensporn, Morton-Neurom
Zusätzlich zu diesen schmerztherapeutischen Anwendungen gibt es noch weitere, die über den Bereich der Schmerzbehandlung hinausgehen. So zeigen sich deutliche Erfolge bei partialer Gesichtslähmung, bei Missempfindungen der Finger oder Fußzehen. Wir untersuchen zudem den Effekt bei Rosazea, diabetischer Neuropathie und Parkinson.
Die unmittelbaren Effekte und der Langzeiterfolg der PIT
Eine der beeindruckendsten Eigenschaften der PIT ist ihre Fähigkeit, oft eine fast unmittelbare und deutliche Schmerzlinderung zu bewirken. Dieser schnelle Wirkungseintritt unterscheidet die PIT von vielen anderen Behandlungsformen.
Der Behandlungserfolg ist, wie bei allen medizinischen Interventionen, von der zugrunde liegenden Erkrankung abhängig.
In vielen Fällen ist nach etwa 6-8 Sitzungen eine deutliche und nachhaltige Verbesserung zu erwarten. Diese Prognose kann allerdings individuell variieren, je nach Art und Schwere der Erkrankung sowie den individuellen spezifischen Gegebenheiten.
PIT: Ein Meilenstein in der Schmerzbehandlung
Für uns in der Praxis stellt die PIT einen wahren Quantensprung in der Schmerztherapie dar. Ihre beeindruckende Fähigkeit zur schnellen und nachhaltigen Schmerzlinderung, verbunden mit einem geringen Risiko für Nebenwirkungen und dem Verzicht auf starke Schmerzmittel, hebt die PIT von traditionellen Schmerzbehandlungsverfahren ab. Diese innovative Therapieform eröffnet neue Horizonte in der Behandlung chronischer Schmerzzustände und verbessert signifikant die Lebensqualität unserer Patienten.
Die Teilnahme an Dr. Lyftogts letztem Kurs hat mir nicht nur einen besonderen Einblick gewährt, sondern auch meine bereits vorhandene Expertise in der Schmerztherapie auf ein neues Niveau gebracht. Die PIT ist ein innovativer, effektiver und patientenfreundlicher Ansatz in der Behandlung chronischer Schmerzen. Alle Kursteilnehmer stehen im ständigen Erfahrungsaustausch. Wir erweitern auf diesem Weg gegenseitig unser Wissen und können so unsere Patienten bestmöglich behandeln.